Michaela Paefgen-Laß

Giora Feidman in der Neuen Synagoge Mainz

„Klein Jerusalem am Rhein“

Giora Feidman in Mainzer Synagoge

Leise schwingen sich die Töne des „Hava Nagila“ in den Gebetssaal der Neuen Synagoge. Durch die weit geöffneten Flügentüren schreitet Giora Feidman langsam durch den Saal zum Thoraschrein. „Lasst uns glücklich sein“, sind die Worte des hebräischen Volksliedes, die die Klarinette des großen Mannes der Klezmer Musik erfleht.  Sie gehen über ein leises, achtsames „Shalom“, mitgesungen von Mitgliedern der jüdischen Gemeinde und dem nicht-jüdischen Publikum.

Klezmer, die Musik für Hochzeiten und Feste, fröhlich, beschwingt und durch vielfältige ethische Einflüsse über die Jahrhunderte hinweg immer reichhaltiger geworden, stand am Donnerstagabend auf dem Programm von „Klein Jerusalem am Rhein“, dem Abschlusskonzert des internationalen Meisterkurses der Hochschule für Musik. Der künstlerische Leiter Giora Feidman hatte aus Uruguay Bandoneon-Künstler Raúl Jaurena dazu eingeladen. Schon in Worms und Speyer konnten die jungen Musiker und Musikerinnen und ihre weltberühmten Lehrmeister mit Klezmer und Tango ihr Publikum hinreißen. Und auch die Mainzer standen in der Hoffnung auf einen freien Platz in dem ausgebuchten Konzert für die SCHUM-Städte geduldig vor der Synagoge an. Mit Erfolg. Die Empore im Gebetssaal und die weit offenen Türen zum Vorraum der Synagoge schafften Möglichkeiten und setzten ein weiteres Zeichen der Gastfreundschaft in einem bewegenden Konzert, das zum großen Fest wurde.

Dieses Fest setzte Feidman mit den Musikerinnen des Trios „Klezmers Techter“ temperamentvoll in Gang. Es jagten und neckten sich die Klarinetten von Feidman und dem von ihm verehrten „scheenen blonden Girl“ Gabriela Kaufmann. Almut Schwab schien am Akkordeon vor Lebenslust zu explodieren und Kontrabassistin Nina Hacker hielt das wilde Gelage rhythmisch am Zügel.

„Die Juden und die Deutschen, das ist eine Mischpoke, die in Deutschland zusammen singt“, freute sich der Träger des internationalen Brückenpreises für Völkerverständigung. Klezmer in allen Gefühlslagen in einer modernen Synagoge, gespielt von begabten jungen Musikern aus Deutschland, Israel, Lateinamerika und aller Welt, brachte nicht nur das Herz des fast 80-jährigen jüdischen Musikers in Bewegung. „Die Vergangenheit kann nicht geändert werden, now protect civilization“, appellierte er an Publikum und Musiker.

Gemeinsam wurde in der Synagoge über mehr als zwei Stunden hinweg gesungen, gelacht, der Musik von Jung und Alt enthusiastisch applaudiert und still innegehalten. Dann, wenn das Duo Jerusalem an Harfe und Altsaxophon mit „Sana’s Song“ und „Jerusalem of Gold“ Momente der Rührung und des Zaubers schenkte. Tosender Beifall und Bravo-Rufe beim Klezmer-Ausmarsch einer großartigen Musikantenschar.

(Allgemeine Zeitung, August 2013)

Bild: Michael Myers by unsplash

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Michaela Paefgen-Laß

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