Musik in Auschwitz
Musik im Konzentrationslager Auschwitz
Musik als Instrument der Unterdrückung und Demütigung
In den Konzentrationslagern des NS-Regimes spielte Musik eine komplexe und perfide Rolle.
Sie wurde von den Nationalsozialisten als Instrument der Kontrolle und Demütigung eingesetzt.
Die Häftlingsorchester mussten bei Aufmärschen, zu Hinrichtungen und am Lagertorspielen spielen. Wenn die Gefangenen auf dem Weg zur Zwangsarbeit morgens in Kolonnen am Tor vorbeizogen und am Abend zurückkehrten: Musik. Orchester und Kapellen wurden angefordert zu Festen, Saufgelagen und wenn sich Besuch aus Berlin ankündigte. Madame Butterfly und Beethovens Fünfte, auf Befehl.
Die eine Seite: Den Musikerinnen und Musikern bot die Mitgliedschaft in einem Orchester eine Chance auf bessere Lebensbedingungen und auf Überleben. Sie wurden leichteren Arbeiten zugeteilt oder davon ganz freigestellt, wie die Frauen und Mädchen des Frauenorchesters von Auschwitz-Birkenau.
Die andere Seite: Überlebende und Musiker*innen berichten nach Ende des Krieges, wie sie sich von der allgegenwärtigen Musik verhöhnt fühlten. Märsche, Schlager, Volkslieder, Walzer, Polka oder Opernarien waren allgegenwärtig. Manchen Gefangenen vermittelte die Musik aber auch ein Gefühl von Heimat, Identität und Selbstwert.
Musik war Folter, Zwangsarbeit, Unterdrückung und gleichzeitig eine Möglichkeit, sich den Nazis zu widersetzen, sich ihrer Willkür zumindest für den Moment zu entziehen.
In meinem Studium der Musikwissenschaften an der Frankfurter Goethe-Universität waren Operndramaturgie und Musik im Nationalsozialismus meine Schwerpunkte. In meiner Magisterarbeit ging es um die Opern Tannhäuser und Carmen zwischen 1933 und 1945.
Direkt danach fing ich an, für meine Doktorarbeit über die Formen von Musik im Konzentrationslager Auschwitz und ihre Funktionen zu forschen. Das war zu Beginn der 1990er Jahre. Etwa zeitgleich arbeitete die Musikwissenschaftlerin Gabriele Knapp an ihrer Promotion "Das Frauenorchester in Auschwitz – Musikalische Zwangsarbeit und ihre Bewältigung". Ich erinnere mich an einen sehr freundlichen Briefverkehr und hilfreichen Austausch mit ihr.
In den 1980er Jahren gewann die Oral History auch in Deutschland an Bedeutung. Es wurden in größerem Umfang Interviews mit Überlebenden geführt. So sind heute in der Gedenkstätte Bergen-Belsen Interviews von über 450 Überlebenden zu hören, die ab 1999 aufgezeichnet wurden. In Schulen sprachen Zeitzeug*innen, um zu berichten, zu erinnern und zu mahnen.
Ich war damals Mitte zwanzig und konnte im Rahmen von Lesungen und Gedenkveranstaltungen, wie zum 50. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz (mittlerweile ist der 27. Januar der Internationale Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust) Kontakte knüpfen zu Überlebenden des Naziterrors, die sich viel Zeit für meine Fragen nahmen.
Ich habe die Arbeit aus den unterschiedlichsten Gründen nicht beendet und mich stattdessen am Journalistischen Seminar der Mainzer Gutenberg-Universität zur Journalistin ausbilden lassen. Das Thema ist aber immer noch bei mir, lässt mich von damals bis heute immer wieder zu allen möglichen Gelegenheiten schreiben oder mit anderen Menschen ins Gespräch kommen.
Unten seht ihr ein interaktives PDF, das ich kürzlich für ein kleines Projekt angefertigt habe. Lest es euch durch, folgt den Links zu weiteren Inhalten wie der historischen Aufnahme von Bachs Doppelviolinkonzert in d-Moll, gespielt von Alma und Arnold Rosé und überlegt, unter welchen Umständen ihr Musik spielen und hören mögt. Und wann nicht. Ihr dürft das PDF gerne nutzen, euch dazu austauschen und es teilen. Über Feedback freue ich mich natürlich.
Bilder: Österreichische Nationalbibliothek, Adobe Stock, Canva, Frederick Wallace by Unsplash, William Warby by Unsplash
Musik: Canva
Karussell und Video für Instagram
Interaktives PDF: Zeitleiste Musik in Auschwitz.
Das PDF steht unter CCC-Lizenz und darf gerne zu den angegebenen Bedingungen für nicht-kommerzielle Zwecke und unter Nennung meines Namens geteilt werden.
Zeitleiste Musik in Auschwitz © 2025 by Michaela Paefgen-Laß is licensed under CC BY-NC-SA 4.0